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Warum Frauen und Männer am Arbeitsplatz häufig aneinander vorbeireden.

mann frau laptop xs iStock_000008106210XSmall„Ich weiß nicht genau …  So geht’s!“

Frauen und Männer leben in verschiedenen Welten. Deshalb ist auch ihre Verständigung oft voller Missverständnisse. Zu wissen, wie Männer denken, ist für Frauen hilfreich. Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen.

Wie sieht die Welt der Männer aus?
Schon von früh an wachsen Jungen in einer Welt auf, in der es um Hierarchie und Macht geht. Fast alle Jungen-Spiele drehen sich ums Gewinnen. Spiele, bei denen man nicht gewinnen kann, finden Jungen schnell langweilig. Daraus folgt, dass Jungen wie Männer zu vermeiden suchen, zu verlieren oder Schwächen zu zeigen.

Für die Kommunikation hat das deutliche Folgen. Deborah Tannen schreibt dazu: „Männer neigen zu Ge-sprächsritualen, die Opposition in Form von Herausforderungen, Scherzen, Hänseleien und spielerischen Herabsetzungen umfassen, und sie geben sich häufig Mühe, eine unterlegene Position in der Interaktion zu vermeiden.“

Wie sieht die Welt der Frauen aus?
Im Gegensatz zu Jungen dreht sich bei Mädchen alles darum, dazu zugehören und nicht ausgeschlossen zu sein. Das führt dazu, dass Mädchen viele Spiele haben, bei denen das Dabeisein und das Mitmachen wichtiger ist als das Gewinnen.

Für das Erlernen von Kommunikation folgt daraus: „Frauen neigen zu Gesprächsritualen, bei denen der Anschein von Gleichheit bewahrt bleibt und die Auswirkung des Gesagten auf die andre Person berück-sichtigt wird; sie geben sich häufig Mühe, ihre Autorität herunterzuspielen, weil die Sprecherin ihr Ziel erreichen möchte, ohne mit ihrer Macht zu protzen.“ (D. Tannen)

Wenn Männer und Frauen im Beruf zusammentreffen, hat das für ihre Zusammenarbeit wichtige Auswirkungen. Denn der eigene Gesprächsstil ist uns in der Regel nicht bewusst. Wir bemerken nur, wenn der andere nicht nach unseren „unsichtbaren“ Regeln verfährt. Ein Beispiel:

Maria: „Ich komme mit dem Zeitplan für unser Projekt nicht zurecht.“
Ralf: „Wieso nicht?“
Maria: „Ich habe einfach zu viel zu tun.“
Ralf: „Dann müssen Sie eben Ihre Prioritäten anders setzen.“
Maria: „Das meine ich nicht.“

Hier ist die Wahrscheinlichkeit eines Missverständnisses groß, weil dieses kurze Gespräch für beide eine unterschiedliche Bedeutung hat. Männer denken und sprechen oft handlungs- und lösungsorientiert und geben deshalb schnell Ratschläge. Frauen sehen ein Gespräch mehr als ein Mittel, Gefühle und Stimmungen mitzuteilen und die Verbundenheit mit dem Gesprächspartner zu betonen.

Im obigen Beispiel will Maria nur ihre momentanes Gefühl von Überlastung äußern. Ralf hört jedoch daraus ein Problem und liefert eine Lösung, um die ihn Maria aber nicht gebeten hat.

Ich möchte drei wichtige Unterschiede in der Kommunikation am Arbeitsplatz zwischen Männer und Frauen hervorheben:

  1. Beziehung vs. Information
    Frauen pflegen eine Beziehungssprache, sie sprechen verbindlicher, sie setzen sich nicht so hart mit anderen auseinander. Sie wollen auf keinen Fall den Boss markieren – auch nicht wenn sie die Chefin sind.

    Männer bevorzugen eine öffentliche Sprache, in der es vor allem um die Übermittlung von Informationen geht. Sie halten sich emotional bedeckt, um ja keine Schwächen zu zeigen. Deshalb stellen sie generell weniger Fragen und hören schlechter zu.

  2. Bescheidenheit vs. Sicherheit
    Frauen neigen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen, da sie von klein auf lernen, ihre Aussagen abzumildern, um nicht als aggressiv zu gelten. Sie haben verinnerlicht, wie man reden muss, um gemocht zu werden.

    Männer neigen dazu ihre Unsicherheiten oder Zweifel bei einem Thema nicht zu äußern oder he-runterzuspielen, weil sie denken, dass ihnen dies als Schwäche ausgelegt wird.

    Das führt oft dazu, dass Frauen ihre Ideen als Vorschläge oder Frage formulieren. Männer machen daraus in der Regel einen Befehl (Warum machen wir es nicht so …? Lasst es uns so machen …? vs. Ich weiß, wie wir`s machen… Wir machen es so …)

  3. Verbundenheit vs. Individualität
    Frauen lernen früh, sich nicht über andere zu stellen aus Angst, dann ausgegrenzt zu werden („Die will was besseres sein.“) Jungen lernen früh, ihre Kräfte zu messen und Imponiergehabe zu zeigen und so ihren Rangplatz in der Hierarchie zu bestimmen („Ich bin der zweitstärkste.“)
    Im Berufsleben führt das dazu, dass Frauen ihre guten Leistungen herunterspielen oder als Erfolg des Teams ausgeben, auch wenn die Leistung im wesentlichen von ihr alleine erbracht wurde.Männer haben meist wenig Skrupel, ihre Leistungen mit ihrer eigenen Person zu verknüpfen, selbst wenn das Team einen wesentlichen Beitrag dazu leistete.
    Frauen vermeiden die Ich-Form, um mit ihren Leistungen nicht anzugeben und benutzen mehr die Wir-Form. Männer nehmen eher die Ich-Form und verwenden die Wir-Form oft, um sich an eine Gruppenleistung dranzuhängen.

Was kann man tun?

(Typisch männliche Schlussfolgerung!), um sich diesem Thema zu nähern.

Hierzu drei Empfehlungen:

1. Lernen Sie eine neue Fremdsprache!
Die Sprache der Männer. Gehen Sie davon aus, dass Ihnen die Sprache der Männer in ihren Grundzügen bekannt ist, die ihnen aber in ihrer Bedeutung immer wieder fremd ist. Diese Einstellung hilft ihnen, an bestimmten Stellen nicht automatisch zu reagieren, sondern zu übersetzen.

2. Getrauen Sie sich, Männer zu unterbrechen.
Dies ist für Frauen nicht leicht, weil dies unter Frauen als unhöflich gilt. Doch Männer tun dies häufig untereinander und betrachten dies meist als Zeichen einer lebendigen Kommunikation. Manche Männer reagieren allerdings empfindlich drauf, von einer Frau unterbrochen zu werden, da sie es als Herabsetzung empfinden. Hat der Mann sie vorher mehrmals unterbrochen, ist es hilfreich, gemeinsame Regeln aufzustellen.

3. Schaffen Sie Ihren persönlichen Stil und bleiben Sie flexibel.
Gerade als weibliche Vorgesetzte können Sie in viele Fallen tappen. Da in unserer Kultur die Vorstellung von Autorität fast immer mit Männlichkeit in Verbindung gebracht wird, haben Sie es als weibliche Chefin von bei-den Seiten schwer.
Die Männer erleben Sie schnell als kontrollierende Mama, die ihn etwas vorschreiben will. Bei Frauen sind sie gefühlsmäßig eine, die das gemeinsame Netz verlassen hat und sich über andere stellen will. Verstandesmäßig wird das sicher manchmal anders gesehen, doch dies sind tief verwurzelte emotionale Reaktionen, von denen nur wenige frei sind, und die vor allem in Stress-Situationen auftauchen und erlebt werden.

Das Feld der Kommunikation allgemein und das Thema „Mann-Frau-Kommunikation“ ist so komplex, dass mit Tipps oder Ratschlägen wenig geholfen ist. Sprache ist etwas Lebendiges, das von vielen unsichtbaren Regeln der Beteiligten bestimmt wird. Wach zu sein für diese unsichtbaren Regeln und beim Finden einer Regel, diese angemessen zu äußern und so eventuell neu verhandeln zu können, ist ein brauchbarer Weg in diesem interes-santen Gelände.

Dazu eine Anregung zum Schluss:
Wann immer Sie bei der Arbeit auf eine schwierige Kommunikationssituation stoßen, stellen Sie sich vor, Sie seien auf einer Expedition zu einem fremden Volk, dessen Zusammenleben Sie studieren wollen. Diese Einstellung kann Ihnen helfen, nicht auf Ihrer eigenen Sichtweise des Erlebten zu bestehen, sondern offen zu werden für andere Interpretationsmöglichkeiten. Gemeinsam können Sie dann mit dem anderen Brücken zu einer besseren Verständigung bauen.

PS: Diesen Artikel habe ich vor fünf Jahren für eine Website für weibliche Führungskräfte verfasst. Daher die Sichtweise nur von Frauenseite.

Bücher zu diesem Thema:

Er sagt, sie sagt. Die Kunst, miteinander zu reden.  von Laurie Schloff, Marcia Yudkin
Erschienen 1998, DTV, Mchn. Taschenbuch

Frauensprache, Männersprache. Die verschiedenen Kommunikationsstile von Männern und Frauen.  von Kathrin Oppermann, Erika Weber
Erschienen 1997, Mod. Verlagsges., Mün. Taschenbuch

Job- Talk. Wie Frauen und Männer am Arbeitsplatz miteinander reden.  von Deborah Tannen
Erschienen 1997, Goldmann, Mchn. Taschenbuch

‚ Warum sagen Sie nicht, was Sie meinen?‘  von Deborah Tannen
Erschienen 2000, Goldmann, Mchn. Taschenbuch

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